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Borreliose – Diagnose und Verlauf

Krank nach Zeckenstich: Borreliose erkennen und wirksam behandelnDie Borreliose gilt als Chamäleon unter den Krankheiten. Sie wirkt zunächst wie eine Grippe, äußert sich im weiteren Verlauf durch eine Vielzahl von Symptomen und kann auch erst Jahre nach der Infektion mit den auslösenden Erregern merklich ausbrechen. Diese unterschiedlichen Verläufe und teilweise langen Inkubationszeiten erschweren eine Diagnose – und damit auch eine effektive Therapie. Doch wie kann eine Borreliose überhaupt diagnostiziert werden und wie können Sie als Laie die Krankheit am Verlauf erkennen?

Krank nach Zeckenstich: Borreliose erkennen und wirksam behandeln

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Wie wird eine Borreliose festgestellt?

Die Diagnose der Borreliose oder genauer der Lyme-Borreliose geschieht in erster Linie anhand des Krankheitsbildes. Zeigt ein Mensch nach einem Zeckenstich typische Symptome, wie beispielsweise die Wanderröte oder Fieber, liegt der Verdacht auf eine Infektion mit Borrelien nahe. Aber auch bei anhaltenden Schmerzen, unerklärlicher und anhaltender Müdigkeit und anderen grippeähnlichen Symptomen – ohne tatsächlich vorliegenden grippalen Infekt – kommt eine Borreliose in Frage. Im Stadium III der Lyme-Borreliose kommt als krankheitsbeweisend eine chronische Hautentzündung hinzu, die sogenannte ACA.

 

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Umstrittene Bluttests auf Borreliose

Nicht immer bringt eine Blutuntersuchung eine eindeutige Borreliose-Diagnose.

Nicht immer bringt eine Blutuntersuchung eine eindeutige Borreliose-Diagnose.

Theoretisch kann eine Lyme-Borreliose durch labortechnische Untersuchungen einer Blutprobe diagnostiziert werden. Praktisch ist das jedoch nicht immer sicher möglich. So treten häufig falsch positive oder falsch negative Befunde auf. Die derzeit gängigen Tests können nur unzureichend zwischen einer bestehenden Borreliose und einer bereits abgeheilten sowie ohne Symptome verlaufenen Lyme-Krankheit unterscheiden, wodurch die Mehrzahl der falsch positiven Ergebnisse entsteht. Zudem können Immunantworten von Mensch zu Mensch verschieden ausfallen und so bei einer tatsächlich bestehenden Borreliose negative Ergebnisse entstehen. Da die Wanderröte, die auch als Erythema migrans bezeichnet wird, als sehr sicheres Anzeichen der Lyme-Borreliose gilt, raten Ärzte bei bestehender Rötung zu einer medikamentösen Behandlung. Selbst dann, wenn die Untersuchung des Blutes ein negatives Ergebnis zeigt.

 

Untersuchung des Nervenwassers (Liquor cerebrospinalis)

Eine weitere Möglichkeit eine Borreliose zu diagnostizieren ist die Untersuchung des Liquors (Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit), umgangssprachlich auch Nervenwasser genannt. Dieses invasive diagnostische Verfahren wird aber nur dann eingesetzt, wenn der begründete Verdacht auf eine Neuro-Borreliose (Befall des Zentralnervensystems) besteht. Der Liquor wird durch Punktion (Einstich) im Bereich der Wirbelsäule gewonnen (Lumbalpunktion). Häufig findet man beim Routine-Liquorbefund ein entzündetes Bild vor, d. h. der Liquor weist eine erhöhte Zellzahl (vor allem die weißen Blutkörperchen Lymphozyten und Monozyten) und einen erhöhten Eiweißgehalt auf. Der Zuckergehalt im Liquor ist abgefallen, wobei der Laktatgehalt angestiegen ist. Trotz bestehender Neuroborreliose kann Routine-Liquorbefund jedoch auch ganz normal sein. In diesem Fall kann zusätzlich eine Bestimmung von Borrelien-Antikörpern IgG-Immunglobulin G und IgM-Immungloulin M = Antikörper die gegen Viren und Bakterien wirken) im Liquor vorgenommen werden. Häufig werden bei einer Neuro-Borreliose im Zentralennervensystem auch Antikörper produziert. Diese lassen sich durch einen Vergleich der Antikörper-Spiegel im Liqour oder in der Blutflüssigkeit erkennen.

Jedoch muss die Liquordiagnostik nicht immer stimmen. Studien zufolge wird in vielen Fällen das Ergebnis falsch angezeigt. Das heißt trotz eindeutiger bestehender Borreliose ist es möglich, dass im Liquor keine Antikörper zu finden sind bzw. der Liquor kein entzündetes Bild aufweist. Demnach schließt ein negativer Borrelien-Test eine aktive Borreliose-Infektion nicht aus!

Weitere Informationen finden Sie unter dem Punkt: Was ist eine Neuro-Borreliose.

Nach derzeitigem Wissensstand gibt es also noch keinen zuverlässigen Test, der eine aktive Borreliose ausschließt bzw. bestätigt. Aus diesem Grund ist die Diagnose einer Borreliose in erster Linie ein Ausschlussverfahren, d. h. alle infrage kommenden Erkrankungen müssen im Vorfeld ausgeschlossen werden.

Empfehlungen der aktuellen S3-Leitlinie zur Diagnostik einer Neuroborreliose

Die aktuelle S3-Leitlinie Neuroborreliose empfiehlt bei Verdacht auf Neuroborreliose eine zeitgleiche Entnahme von Liquor und Serum für die Untersuchung. Dabei soll der Liquor zytologisch, proteinchemisch und serologisch analysiert werden.

Die Serodiagnostik umfasst zunächst einen Suchtest in Form eines Enzym-Immuno-Assays (ELISA), der mit einem Immunoblot (Western Blot) bestätigt werden muss. Als relevante Antigene sieht die Leitlinie während der frühen Phase der Immunantwort das Flagellenprotein Flagellin, das Membranprotein OspC und das Oberflächenprotein VlsE. Letzteres ist auch in der späten Immunantwort nachweisbar wie auch eine Reihe weiterer Proteine (p83/100, p58, p43, p39, p30, p21, p14 und Osp17).

 

Borreliose-Erkrankung auch nach mehreren Jahren feststellbar

Liegen bereits seit mehreren Jahren Beschwerden vor oder treten diese immer wieder in Schüben auf, ohne dass eine andere zugrunde liegende Krankheit gefunden werden kann, kann es sich auch hierbei um eine Borreliose handeln. In diesen Fällen wird zumeist von einer chronischen Borreliose gesprochen. Da bei einem derartigen Krankheitsverlauf häufig keine Wanderröte mehr festgestellt wird, fehlt diese von vornherein als krankheitsbeweisendes Anzeichen. Zudem sind die Symptome oft sehr diffus, was die Diagnose zusätzlich erschwert. Dennoch kann auch eine chronische Verlaufsform diagnostiziert werden. Hierzu sind zum einen Blutuntersuchungen angeraten, zum anderen können auch Biopsien Aufschluss bringen. Ist die chronische Lyme-Borreliose bereits in das Stadium III eingetreten, kann eine chronische Entzündung der Haut – die ACA – auftreten. Die Akrodermatitis chronica atrophicans Herxheimer, die als ACA abgekürzt wird, gilt ebenso wie die Wanderröte als krankheitsbeweisend.

 

Tipps für den Arztbesuch

Menschen die bereits lange Zeit unbemerkt oder unerkannt an Borreliose leiden, haben oft einen anstrengenden Weg hinter sich. Schmerzen, in Schüben auftretende Symptome, eine verminderte Lebensqualität und dazu die Ungewissheit über die Ursachen. Leider kommt es häufig vor, dass Menschen mit derart diffusen Symptomen und unklaren Krankheitsbildern nach einigen Tests ohne Befund als Hypochonder abgestempelt werden. Davon sollten Sie sich nicht entmutigen lassen. Mittlerweile existieren zahlreiche Selbsthilfegruppen, Spezialisten und auf Borreliose spezialisierte Kliniken, die Ihnen weiterhelfen können, wenn Sie eine Borreliose vermuten, diese aber bisher noch nicht diagnostiziert werden konnte.

 

Borreliose als Laie erkennen

So schwierig es für Ärzte ist, eine Borreliose sicher zu erkennen, so schwierig ist es natürlich auch für Laien. Dennoch gibt es einige Anzeichen, die eine Borreliose nahelegen. Haben Sie den Verdacht, an der Lyme-Borreliose erkrankt zu sein, können diese Fragen ersten Aufschluss bringen:

  1. Können Sie sich an einen Zeckenstich erinnern?
  2. Haben Sie Haustiere, wie Hunde oder Katzen, die Zecken unbemerkt auf das Sofa oder in das Bett tragen könnten?
  3. Halten Sie sich häufig im Freien auf, gehen Joggen, betreiben Gartenarbeit oder nehmen Sonnenbäder auf der Wiese?
  4. Ist Ihnen irgendwann in der Vergangenheit eine gerötete, kreisrunde oder hitzeabgebende Hautstelle aufgefallen?
  5. Schmerzen Ihre Gelenke oder sind diese scheinbar grundlos angeschwollen?
  6. Haben Sie häufiger starke Kopfschmerzen, die wie eine Kappe auf Ihrem Kopf zu liegen scheinen?
  7. Hatten Sie unerklärliches Fieber oder leiden Sie immer wieder an grippeähnlichen Symptomen, jedoch ohne Husten und Schnupfen?
  8. Fühlen sich Ihre Hände, Beine und das Gesicht gelegentlich taub an oder sind diese Bereiche sogar gelegentlich gelähmt?

 

Können Sie eine oder mehrere dieser Fragen bejahen, könnte die Ursache Ihres Leidens in einer Infektion mit Borrelia burgdorferi – also der Lyme-Krankheit liegen. Die endgültige Diagnose kann jedoch nur ein Arzt treffen. Bedenken Sie zudem, dass die genannten Symptome auf eine Vielzahl verschiedener Krankheiten hinweisen können.

Verlauf der Erkrankung

Die Borreliose oder richtiger Lyme-Borreliose verläuft in verschiedenen Stadien. Diese sind zwar grob zu unterscheiden, können jedoch von Mensch zu Mensch verschieden aussehen.

 

Stadium I – Die Frühborreliose

Grippeähnliche Symptome und allgemeine Abgeschlagenheit sind typisch für den Borreliose-Verlauf im Stadium 1

Grippeähnliche Symptome und allgemeine Abgeschlagenheit sind typisch für den Borreliose-Verlauf im Stadium 1

Die Frühborreliose oder das Stadium I einer Lyme-Borreliose tritt bis zu drei Monaten nach dem Zeckenstich auf.

Krankheitszeichen:

  • Grippeähnliche Symptome
  • Abgeschlagenheit, übermäßige Müdigkeit
  • Übersteigerte und ungewöhnliche Reizbarkeit
  • Schmerzende Muskeln und Glieder
  • Rötung im Bereich des Stichs – „Wanderröte“
  • Die Lymphknoten in Stichnähe sind geschwollen

 

Bluttests während dieses Stadiums sind häufig negativ für die Borrelien-Antikörper. Erst wiederholte Tests, einige Wochen nach dem Auftreten der ersten Symptome, fallen positiv aus.

 

Stadium II – Das frühe disseminierte Stadium

Während des zweiten Stadiums der Borreliose breiten sich die Erreger im Körper aus und können alle Organe und Gewebe befallen. In der Folge kann es zu einer Entzündung der Hirnhaut und des Herzmuskels kommen. Die hierbei auftretenden Symptome unterscheiden sich stark, abhängig davon, welche Bereiche die Borrelien hauptsächlich befallen haben.

Zu den Symptomen des Stadiums II gehören:

  • Lähmungen der Gesichtsnerven
  • Entzündungen der Nerven
  • Nervenschmerzen, die nicht oder kaum auf Schmerzmittel ansprechen
  • Rötungen, die teilweise über den ganzen Körper verteilt sind
  • Schwellungen der Gelenke
  • Beeinträchtigung des Bewegungsapparates
  • Beeinträchtigung der Psyche und kognitiven Fähigkeiten

 

Auch in diesem Stadium sind Bluttests nicht immer zuverlässig. Biopsien und die Untersuchung des Nervenwassers bei einer vermuteten Neuro-Borreliose können aber als sicher betrachtet werden.

 

Stadium III – Das Spätstadium

Unbehandelte Borreliose kann tödlich enden

Das Spätstadium ist zumeist chronisch und tritt in wiederholten Schüben auf. Allerdings kommt dieses nur selten vor oder wird nur selten als Folge der Borreliose erkannt. Während des dritten Stadiums tritt häufig die ACA, eine chronische Entzündung der Haut auf. Auch eine Entzündung der Gelenke, vor allem der großen Gelenke, ist ein weitverbreitetes Symptom. Hinzu kommen chronische Erschöpfung, Wesensveränderungen, Stimmungsschwankungen und eine teilweise lebensbedrohliche Verschlechterung des Allgemeinzustandes. Eine unbehandelte Borreliose kann also durchaus tödlich verlaufen.

Post-Borreliose-Syndrom

Als Post-Borreliose-Syndrom (auch: Post-Lyme-Syndrom, chronische Lyme-Borreliose) wird das Auftreten von recht unspezifischen Beschwerden nach einer antibiotisch behandelten Borreliose bezeichnet. Bislang fehlt eine exakte Definition dieses Syndroms. Typischerweise zeigen sich aber Symptome wie verminderte Leistungsfähigkeit, Müdigkeit und Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Muskel- und Gelenkschmerzen, Missempfindungen und andauernde Erschöpfung (Fatigue). Sowohl die Studienlage als auch die Ärzteschaft ist in Hinblick auf das Post-Borreliose-Syndrom gespalten, sodass die Existenz dieses Syndroms häufig noch bezweifelt wird. Die Abklärung möglicher anderer Ursachen, die diese Beschwerden verursachen können, ist dennoch sinnvoll. Zu diesen Ursachen gehören rheumatische Erkrankungen, eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), Depression und somatoforme Störungen.

Die Therapie des Post-Borreliose-Syndroms ist vor allem symptombezogen und soll die einzelnen Beschwerden lindern. Möglich ist auch das Hinzuziehen psychotherapeutischer Unterstützung, die den Umgang mit dem Post-Borreliose-Syndrom erleichtern kann. Eine erneute Behandlung mit einem Antibiotikum ist nicht angezeigt.

Quellen

  • MIAMED Amboss: Bibliothek für Ärzte und Medizinstudenten. Stichwort: „Post-Borreliose-Syndrom“
  • https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/borreliose/lyme_postlyme.htm; zuletzt aufgerufen am 25.09.17
  • http://www.borreliose-gesellschaft.de/de/Informationen/ChronischeBorreliose; zuletzt aufgerufen am 25.09.17